Klinisch Orientierte Grundlagenforschung: Bioaktive Sphingolipide bei psychiatrischen Erkrankungen

Bioaktive Sphingolipide wie Ceramid und Sphingosin-1-Phosphat regulieren grundlegende zelluläre Prozesse wie Differenzierung und Apoptose. Übereinstimmende Befunde aus zellbiologischen Untersuchungen, tierexperimentellen Arbeiten und klinischen Studien belegen die Bedeutung von bioaktiven Sphingolipiden auch bei neuropsychiatrischen Erkrankungen. Die Erforschung dieser Zusammenhänge ist einer der Schwerpunkte der Arbeitsgruppe.

Depression

Depressive Patienten zeigen eine erhöhte Aktivität der sauren Sphingomyelinase (engl. acid sphingomyelinase, ASM) in ihren peripheren Blutzellen. Außerdem wirken viele klinisch verwendete Antidepressiva als funktionelle Inhibitoren dieses Enzyms. Die ASM spaltet das Membranlipid Sphingomyelin in Ceramid und reguliert dadurch verschiedene Ceramid-abhängige Signalwege. In experimentellen Arbeiten mit Mäusen konnten wir belegen, dass die ASM ein wichtiges Ziel der antidepressiven Medikation ist. Wir konnten zeigen, dass die Behandlung mit den Antidepressiva Fluoxetin und Amitriptylin zu einer Reduzierung der ASM Aktivität im Hippokampus führt. Die Hemmung der ASM-Aktivität war dabei verbunden mit einer erniedrigten Ceramid-Konzentration, erhöhter neuronaler Proliferation, erhöhter neuronaler Differenzierung und dem erhöhten Überleben von Neuronen sowie mit der Verbesserung von depressions-ähnlichem Verhalten. In diesem Zuge laufen auch morphologische Analysen der Verästelungsstruktur von Nervenzellen bei Mäusen, welche aufgrund eines Gendefekts die ASM nicht exprimieren.

Alkoholabhängigkeit

Weitere unserer Arbeiten zeigen, dass eine veränderte ASM-Aktivität den freiwilligen Alkoholkonsum bei Mäusen beeinflussen kann. Damit übereinstimmende Ergebnisse aus klinischen Studien zeigen, dass akuter und chronischer Alkoholkonsum zu einer Aktivierung des ASM/Ceramid-Systems führt.

Blut-Hirn-Schranke

Ein weiteres Interessengebiet liegt in der Modellierung und Untersuchung der Blut-Hirn-Schranke auf in vitro-Ebene. Die Blut-Hirn-Schranke dient als Schutzschild und Versorgungseinheit der sensiblen physiologischen Umgebung des Gehirns. Veränderungen daran spielen bei vielen Erkrankungen des zentralen Nervensystems eine wichtige Rolle, wobei die grundlegenden molekularen Mechanismen bisher noch unzureichend bekannt sind. Ein 3D-in vitro-Modell mit primären mikrovaskulären Zellen dient hier dazu, die Rolle des Sphingolipidstoffwechsels und dessen Beeinflussung durch Krankheiten sowie deren Behandlung an der Blut-Hirn-Schranke zu untersuchen. 

Regulationsmechanismen der Sauren Sphingomyelinase

Weitgehend unklar ist bislang der molekulare Mechanismus, der zu einer pathologischen Erhöhung der ASM-Aktivität führt. Das Gegenteil, eine pathologische Erniedrigung der ASM-Aktivität, tritt bei der Niemann-Pick-Krankheit Typ A und B auf. Hier beruht die Pathogenese auf Mutationen des Gens SMPD1, das für die ASM kodiert. Wir untersuchen daher in in vitro-Studien, ob genetische Veränderungen, die die Prozessierung des Proteins verändern, auch zu einer Erhöhung der ASM-Aktivität führen können. Gezeigt werden konnte bislang, dass das alternative Spleißen deutlichen Einfluss auf die zelluläre ASM-Aktivität hat.